Mindestens 150.000 Parkinson-Patienten leben in Deutschland. Doch die Dunkelziffer scheint weitaus höher. So gehen Experten der Gertrudis-Klinik Biskirchen und der Deutschen Parkinson Vereinigung e.V. (dPV) von 300.000 Patienten aus. Für die besteht jetzt berechtigte Hoffnungen auf bessere Lebensqualität.
Mini-Elektrode als Lösung für unerwünschte Muskelkrämpfe
Denn Ärzte des Inselspitals Bern haben zusammen mit Ingenieuren der ETH Lausanne eine Mini-Elektrode entwickelt, die das lästige Zittern abschaltet, ohne dabei Nebenwirkungen wie Muskelkrämpfe hervorzurufen.
Der Hirnschrittmacher und seine Nebenwirkungen
Parkinson-Patienten leiden unter unwillkürlichem Zittern, welches das Leben im Alltag stark einschränkt. Das Einpflanzen von „Hirnschrittmachern“ – Elektroden, die auf Befehl des Patienten kleine Stromstösse in die betroffene Hirnregion abgeben – schränkt dieses Zittern ein. Das Inselspital Bern ist der Schweizer Pionier auf diesem Gebiet: Die erste Patientin wurde 2008 erfolgreich mit der Technik der „Deep Brain Stimulation“ (DBS) behandelt. Unterdessen versorgt das Zentrum für funktionelle Neurochirurgie am Universitätsspital Bern pro Jahr rund 50 Patienten mit DBS.
Die DBS-Methode hat allerdings auch eine unangenehme Nebenwirkung: Oft stimulieren die Mini-Hirnschrittmacher zu große Hirnregionen und lösen dadurch Muskelkrämpfe aus. Um diese unangenehme Nebenwirkung auszuschalten, haben Forschende am Inselspital deshalb von Anfang an nach Verbesserungen der DBS-Methode gesucht und dabei seit 2007 mit der ETH Lausanne (EPFL) zusammengearbeitet.
Mini-Elektrode als Lösung
Das Resultat der Zusammenarbeit von Berner Neurochirurgen und Lausanner Ingenieuren zeigt: Eine wenige Quadratmillimeter kleine Mini-Elektrode mit drei selektiv einschaltbaren Stromkontakten verhindert Muskelkrämpfe. Sie stimuliert gezielt jene winzige Hirnregion, die für das Parkinson-Zittern verantwortlich ist. Bisher profitierten am Inselspital 13 Patienten von dieser verbesserten Methode. DBS kommt für jene Patienten in Frage, die nicht auf die zur Behandlung eingesetzten Medikamente ansprechen.
Hoffnung für Parkinson-Patienten
Bei unseren Eidgenossen könnten „10 bis 15 Prozent der Erkrankten [..] von diesem medizinischen Fortschritt profitieren“, sagt Forschungsleiter Claude Pollo von der Universitätsklinik für Neurochirurgie des Inselspitals Bern. Wer früh genug operiert werde, habe sogar die Chance, seinen Beruf wieder ausüben zu können. Denkbar sei ein Einsatz der Mini-Elektrode auch bei Patienten mit Tremor, Dystonie, Epilepsie oder psychiatrischen Erkrankungen.
Über den aktuellen Forschungserfolg in einer Pilotstudie am Inselspital berichten die Forscher in der der englischen Fachzeitschrift „Brain“ (Claudio Pollo, Alain Kaelin et al, Directional deep brain stimulation: an intraoperative double-blind pilot study, Brain, Vol. 137, Issue 7, pp. 2015ff.). Die erfreulichen Ergebnisse sollen anschließend in einer größeren, gesamteuropäischen Studie weiter erforscht und erhärtet werden.
(cs / dpV / Universitätsspital Bern via idw)