Hohe Patientensicherheit bei Narkosen – auch im internationalen Vergleich
„Die Patientensicherheit bei Narkosen in Deutschland ist, verglichen mit anderen Ländern, sehr hoch“, kommentiert der DGAI-Generalsekretär Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hugo Van Aken, Direktor der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie am Universitätsklinikum Münster, die Ergebnisse. In einer niederländischen Studie** wurde mit 14 pro 100.000 Fällen eine 20-fach höhere Rate an anästhesiebedingten Todesfällen bei Patienten aller Risikogruppen (elektive Eingriffe und Notfälle) festgestellt. Die deutschen Daten zeigen, dass ein narkosebedingter Todesfall oder permanenter Schaden bei uns in 0,7 pro 100.000 Fällen auftreten. Jedoch wurden dabei nur gesunde Patienten ohne Notfall- und Herzoperationen in die Studienpopulation einbezogen. „Allerdings ist es schwer, Studien zum Anästhesie- und Operationsrisiko unterschiedlicher Länder zu vergleichen, da sich die Untersuchungen erheblich unterscheiden“, räumt Van Aken ein.
Maßnahmen zur Fehlervermeidung zeigen Erfolge
Die hohe Patientensicherheit in Deutschland basiert auf zahlreichen Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlern und zur Verbesserung der Versorgungsqualität. Hierzu zählt unter anderem das internetbasierte Berichtsystem „Critical Incident Reporting System“ (CIRS) zur Meldung von kritischen Ereignissen. Gemäß dem Prinzip „Lernen aus Fehlern“ werden freiwillig und anonym mitgeteilte, sicherheitsrelevante Ereignisse analysiert und als Lehrmaterial aufbereitet. Hinzu kommt, dass die deutsche Anästhesie seit Jahren das aufwändige Simulatortraining fördert. Bei diesem Sicherheitskonzept, das aus der Luftfahrt übernommen wurde, kann das Vorgehen in kritischen Situationen geübt werden. Beispielsweise können Intubationsschwierigkeiten, also Situationen, die sich in der aktuellen Untersuchung von Schiff und Kollegen als risikoreich erwiesen haben, trainiert werden. „Doch auch wenn die Patientensicherheit in Deutschland bereits ein hohes Niveau erreicht hat, setzen wir uns dafür ein, diese weiter zu verbessern“, bekräftigt Werner. „An erster Stelle steht dabei die ständige Optimierung der Aus- und Weiterbildung der Anästhesisten. Wir prüfen gerade, ob die Teilnahme an einem speziellen Luftweg-Management-Kurs in die Weiterbildungsordnung für Anästhesisten aufgenommen werden kann“, konkretisiert der DGAI-Präsident die Pläne.
Sicherheit durch Ausweitung auf andere Berufsgruppen gefährdet
Narkosen und ausgedehnte Regionalanästhesieverfahren werden in Deutschland ausschließlich von Anästhesisten durchgeführt. Eine Ausweitung auf andere, nicht ärztliche, Berufsgruppen, wie auf speziell geschulte Pflegekräfte, sehen DGAI und BDA sehr kritisch. Entsprechende Pläne sind Teil des Koalitionsvertrags zwischen CDU, CSU und SPD, wenn auch nicht explizit auf die Anästhesie bezogen***. „Gerade im Hinblick auf eine zunehmend älter werdende Bevölkerung verbunden mit zusätzlichen Risikofaktoren lehnen wir alle Bestrebungen der Substitution von ärztlichen Leistungen in der Anästhesie durch nicht ärztliches Personal strikt ab“, kommentiert Van Aken. „Die aktuellen Zahlen von Schiff und Kollegen mahnen gegen ein Denken in diese Richtung.“
(Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, AWMF, via idw)
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Quellen:
* Schiff J.H et al.: Major incidents and complications in otherwise healthy patients undergoing elective procedures: results based on 1.36 million anaesthetic procedures, in: The British Journal of Anaesthesia, veröffentlicht online am 5. Mai 2014.
** Arbous M.S et al.: Mortality associated with anaesthesia: a qualitative analysis to identify risk factors, in: Anaesthesia 2001 (56), S. 1 141 ff.
*** „Deutschlands Zukunft gestalten“ Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD zur 18. Legislaturperiode