18 Gründe, warum das Abnehmen mit Diäten nicht gelingt

80 Prozent der Deutschen haben bereits versucht, mit Hilfe einer Diät ihr Gewicht zu reduzieren. Oft jedoch ohne langfristigen Erfolg. Der so genannte „Jo-Jo-Effekt“ sorgt dafür, dass die Waage nach dem Abnehmversuch oftmals genau so viel oder sogar noch mehr Kilos anzeigt als vorher. Doch warum scheitern so viele Diäten?

Einige psychologisch angelegte Studien zeigten beispielsweise, dass bei übergewichtigen Personen das belohnungsrelevante Verhalten sowie die Hirnregionen für Belohnung verändert sind. Demnach könnte auch Veranlagung zu einem gesteigerten Essverhalten führen. Aufgrund dieser Veränderungen gehen die Forscher davon aus, dass eine stärkere Willenskraft aufgebracht werden muss, um das Verlangen nach Essen zu kontrollieren. Diese Situation kann mit den Symptomen anderer Suchterkrankungen verglichen werden: starkes Verlangen, mangelnde Selbstkontrolle und der Bedarf immer größerer Mengen.

18 Gründe für erfolglose Diäten

Mit der Frage, warum so viele Diäten scheitern, hat sich Privatdozent Dr. Thomas Ellrott, Leiter des Instituts für Ernährungspsychologie (IfE) an der Universitätsmedizin Göttingen, beschäftigt. In der Ausgabe 5/2013 der Fachzeitschrift „MMW – Fortschritte der Medizin“  nennt er 18 Gründe, warum viele Abnehmwillige mit ihren Diätversuchen scheitern.

„Diäten sind als Einzelmaßnahme zum Gewichtsmanagement nur in seltenen Fällen langfristig erfolgreich“, sagt Privatdozent Dr. Thomas Ellrott. „Es gibt eine Vielzahl von Barrieren, die dies verhindern. Wenn jedoch die möglichen Ursachen des Diätversagens bekannt sind, können bestehende Behandlungskonzepte optimiert werden.“

Ursache: Zeitliche Begrenzung und hoher Aufwand

Für Abnehmwillige sind Diäten meistens eine zeitlich begrenzte Maßnahme, um das Gewicht möglichst schnell zu senken. Viele Diäten sind auch von vornherein so aufwändig, dass sie sich nur kurzfristig durchhalten lassen. Sind die Kilos reduziert, wird die Diät beendet. „Das ist in etwa so, als ob der Hausarzt das Blutdruckmedikament absetzt, wenn mit Hilfe des Medikaments der richtige Blutdruck eingestellt ist“, sagt Ellrott: „Eine stabile Gewichtsreduzierung ist nur zu erreichen, wenn sich die Essgewohnheiten und der Lebensstil (u.a. mehr körperliche Aktivität) langfristig ändern, also über die Phase der Gewichtsreduktion hinaus. Bei vielen Diäten wird dies nicht berücksichtigt.“ Ursprünglich hat „Diät“ eben diese Bedeutung. Das Wort kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Lebensführung“.

Ursache: Unrealistische Ziele demotivieren

Eine weitere Ursache für das Scheitern von Diäten sieht Priv.-Doz. Dr. Ellrott in völlig unrealistischen Zielen, die viele Abnehmwillige sich setzen. Bei einem Ziel, fünf Kilogramm Körpergewicht pro Woche abnehmen zu wollen, ist der Misserfolg vorprogrammiert. „Da solche Ziele mit hoher Wahrscheinlichkeit verfehlt werden, bricht die Motivation zusammen und die begonnenen Maßnahmen werden komplett abgebrochen“, so Ellrott.

Ursache: Diätkonzepte für alle

Es gibt auch keine „One-size-fits-all-Diät“, also „eine Diät für alle“, mit der jeder gleichermaßen erfolgreich ist. Aktuelle Diätstudien zeigen, dass immer nur eine gewisse Anzahl Übergewichtiger mit einer bestimmten Diät (plus Bewegung und Verhaltensänderungen) erfolgreich ist. Diätkonzepte mit Verhaltensspielräumen und ohne Verbote oder absolute Gebote sind langfristig grundsätzlich erfolgreicher. Sie verhindern Essanfälle, die beim Überschreiten von Verboten oder absoluten Geboten typischerweise über die Denkschablone „Ich habe es schon wieder nicht geschafft, jetzt ist es auch egal!“ ausgelöst werden.

Ursache: Vielfalt an Lebensmitteln

Im Handel gibt es über 200.000 verschiedene Lebensmittel. Diese große Vielfalt trägt zur Lebensqualität bei. Doch: eine große Vielzahl an Lebensmitteln begünstigt auch eine erhöhte Kalorienaufnahme. Studien haben gezeigt, dass die Kalorienaufnahme steigt, wenn es viele Auswahlmöglichkeiten und viel Abwechslung gibt. Auch XXL-Portionen energiedichter Lebensmittel führen dazu, dass mehr Kalorien aufgenommen werden. „Da wirkt der sogenannte ‚Schnäppchen-Effekt’. Solche Angebote werden bevorzugt, weil der Verbraucher besonders viel Menge für sein Geld bekommt“, sagt Priv.-Doz. Dr. Ellrott. Für das Gewicht ist das ungünstig, weil die größere Kalorienmenge in den Folgemahlzeiten nicht vollständig durch Minderverzehr ausgeglichen wird.

Ursache: Falsche Ess-Erziehung

Eltern können in der Erziehung bereits ein problematisches Ess- und späteres Diätverhalten ihrer Kinder fördern: „Missbrauchen“ sie Essen zur Affektregulation, wie zur Belohnung oder Bestrafung sowie als Maßnahme gegen Langeweile, legen sie den Grundstein für spätere Frust- oder Stress-Esser.

Abnehmen durch komplexe und individuelle Verhaltensänderung

„Nicht alle Ursachen für ein Scheitern von Diäten lassen sich vermeiden. So kann weder eine genetische Veranlagung noch eine bereits über Jahrzehnte erfolgte Manifestierung ungünstiger Gewohnheiten nachträglich geändert werden“, sagt Privatdozent Dr. Thomas Ellrott. „Durch den Einsatz von Verhaltensstrategien zur Gewichtsstabilisierung, die Kombination von Diäten mit Bewegungssteigerung und Verhaltensänderung, durch die Wahl individuell passender Diätstrategien, die richtige Kommunikation mit den Patienten, die Einbeziehung des sozialen Umfelds und durch realistische Ziele sowie flexible Kontrollvorgaben kann die Wahrscheinlichkeit eines nachhaltigen Erfolgs zumindest gesteigert werden.“

Originalpublikation: „Warum scheitern die meisten Diäten auf lange Sicht?“ in: Zeitschrift „MMW-Fortschritte der Medizin“ Nr. 5 / 2013 (155. Jg.), S. 49-52 unter: www.springermedizin.de/4133064.

Weitere Informationen:

www.ernaehrungspsychologie.org

(ag / Universitätsmedizin Göttingen)

HCC Redaktion

... schreibt über alle möglichen Themen rund um Mitarbeitergesundheit und Personal. Wichtige Schwerpunkte liegen auf der Arbeitsplatzgestaltung, Psyche, Ernährung, Bewegung und weiteren Einflussfaktoren nachhaltiger Gesundheitsprävention. Neben Fachartikeln und Tipps & Tricks-Beiträgen werden Interviews mit einschlägigen Persönlichkeiten zu BGM, BGF und mehr veröffentlicht.

Empfohlene Artikel