Belästigung am Arbeitsplatz: Typische Täter- und Opferprofile gibt es nicht

Sexistische Sprüche, schlüpfrige Mails, scheinbar zufällige Berührungen, aufgezwungene Küsse: Es gibt diverse Formen möglicher sexueller Belästigungen am Arbeitsplatz. Längst nicht immer sind Männer die Täter und Frauen die Opfer. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Nationalen Forschungsprogramms „Gleichstellung der Geschlechter“. Um sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz von vornherein wirkungsvoll zu bekämpfen, ist vor allem ein respektvolles Unternehmensklima vonnöten, so die an der Forschung beteiligten Wissenschaftler.

Subjektive Betroffenheit der Frauen höher

Anhand eigener Befragungen und früher erhobener Zahlen können die Forschenden ein repräsentatives Bild der Verbreitung von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz in der Schweiz zeichnen. Insgesamt gab rund die Hälfte der über 2.400 befragten Angestellten an, schon einmal eine unerwünschte, potenziell belästigende Verhaltensweise erlebt zu haben – Frauen und Männer in ähnlichem Ausmaß.

Bei Frauen höher ist allerdings die subjektive Betroffenheit, die nach Gleichstellungsgesetz das Maß für sexuelle Belästigung ist: In der Deutschschweiz fühlten sich rund 31 Prozent aller Frauen am Arbeitsplatz schon einmal sexuell belästigt, in der Westschweiz und im Tessin je rund 18 Prozent. Bei den Männern sind es 11 Prozent (Deutschschweiz), sieben Prozent (Romandie) und sechs Prozent (Tessin). Ein Grund für die höhere subjektive Betroffenheit der Frauen sei, dass sexuell belästigendes Verhalten für sie – aufgrund der traditionellen Machtverteilung in der Gesellschaft und in vielen Unternehmen sowie der körperlichen Kräfteverhältnisse – bedrohlicher sei als für Männer, sagt Professorin Franciska Krings von der Universität Lausanne, die ebenfalls an der Studie mitgearbeitet hat.

Ein ähnliches Bild zeigte sich bei einer zweiten Befragung, in der 800 Männer und Frauen Auskunft gaben über potenzielle sexuelle Belästigung aus Sicht der Verursachenden. 66 Prozent der Frauen und 71 Prozent der Männer räumten ein, in den letzten zwölf Monaten mindestens einmal ein Verhalten gezeigt zu haben, das vom Gegenüber potenziell als belästigend empfunden werden kann, also zum Beispiel sexistische Sprüche gemacht, mit jemandem eine sexuelle Diskussion angefangen, pornografisches Material verteilt oder gar einen Arbeitskollegen unsittlich berührt zu haben. Dabei war den Befragten bewusst, dass ihr Verhalten inopportun und schädlich sei. Überhaupt zeigten die verschiedenen Befragungen einen klaren Konsens, was sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist und dass ein solches Verhalten schädlich ist.

Seite 2: Entscheidend ist die Unternehemskultur

HCC Redaktion

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