Klettern die sommerlichen Temperaturen auf dem Thermometer immer weiter in die Höhe, freuen sich viele Schüler über Hitzefrei. Dieses Recht gibt es für Arbeitnehmer nicht. Dennoch gelten Richtlinien, um Angestellte vor Hitze am Arbeitsplatz zu schützen. Wer regelmäßig bei unzuträglichen Temperaturen arbeitet, kann sein Potenzial nicht entfalten und belastet zudem seine Gesundheit. Sinkende Leistungsfähigkeit und Arbeitslust sowie Konzentrationsschwäche bis hin zu Herz-Kreislauf-Belastungen können die Folgen sein. Die Experten von TÜV SÜD kennen die Richtwerte für die Raumtemperatur am Arbeitsplatz und wissen, worauf bei hohen Temperaturen geachtet werden muss.
An heißen Sommertagen steigen die Lufttemperaturen in Arbeitsräumen wie Büros, Ladengeschäften oder Werkstätten, aber auch auf Außenarbeitsplätzen oft auf tropenähnliche Werte, die die Mitarbeiter stark beeinträchtigen. „Die Arbeitsstättenrichtlinie vom Juni 2010 legt fest, dass die Lufttemperatur in Arbeits- und Sozialräumen 26 Grad Celsius nicht überschreiten soll. Für Beschäftigte gibt es allerdings keinen direkten Rechtsanspruch auf klimatisierte Räume oder Hitzefrei, da es sich um einen Sollwert handelt”, erklärt Dr. Rumen Alexandrov, Fachlicher Leiter Arbeitsmedizin bei der TÜV SÜD Life Service GmbH. „Der Arbeitgeber ist jedoch verpflichtet, eine Gefahr für Leben und Gesundheit zu vermeiden und die verbleibenden Gefährdungen gering zu halten. Zu diesem Zweck kann er verschiedene Schutzmaßnahmen einleiten. Für außerordentlich heiße Sommertage gibt die Arbeitsstättenregel verschiedene Maßnahmen vor, durch die Beschäftigte bei hohen Lufttemperaturen weiter in Arbeitsräumen tätig sein können.“
Sonnenschutzvorrichtungen am Fenster eignen sich als Hilfsmittel, um die Hitze von außen abzuhalten. In heißen Sommerperioden ist es sinnvoll, diese auch nach der Arbeitszeit geschlossen zu halten. Kann trotz der Vorrichtungen kein behagliches Raumklima erreicht werden, schaffen folgende Maßnahmen Abhilfe: früherer Arbeitsbeginn, sofern flexible Arbeitszeiten möglich sind; durch intensives Lüften der Räume in den Nacht- bzw. frühen Morgenstunden die Nachtabkühlung nutzen; Kleidung anpassen und dem Körper ausreichend Flüssigkeit zuführen. Reichen diese Schritte nicht aus, ist zu prüfen, ob technische Kühlmaßnahmen wie eine Klimaanlage möglich und sinnvoll sind. Bei kurzzeitigen Hitzeperioden ist eine technische Kühlung allerdings oft nicht ratsam. Denn größere Temperaturschwankungen sind am Arbeitsplatz zu vermeiden, um körperlichen Reaktionen wie Kreislaufproblemen vorzubeugen.
Überschreitet die Lufttemperatur im Raum 35 Grad Celsius, sind zusätzliche Schritte einzuleiten. Hierzu zählen technische Maßnahmen wie Luftduschen, Wasserschleier oder organisatorische Maßnahmen wie Entwärmungsphasen. Letztere sind Zeiträume, in denen sich die Mitarbeiter in kühleren Bereichen aufhalten, sodass der Körper Wärme abgeben kann. Eine weitere Maßnahme sind persönliche Schutzausrüstungen wie Hitzeschutzkleidung. Können Arbeitgeber und Angestellte diese Maßnahmen nicht realisieren, ist der Raum nicht als Arbeitsplatz geeignet.
Übrigens: Schwangere haben einen Anspruch auf Beschäftigung an einem anderen Ort oder auf Freistellung, sofern sie ein ärztliches Attest vorweisen, das die Einhaltung bestimmter Raumtemperaturen fordert.
Checkliste Hitze am Arbeitsplatz: Dem Kollaps vorbeugen
Wie Arbeitgeber und Mitarbeiter die negativen Auswirkungen hoher Temperaturen auf die Gesundheit vermeiden und was im Ernstfall zu tun ist, wissen die Experten von TÜV SÜD.
- Arbeitszeit und -intensität anpassen: Bei hohen Außentemperaturen ist zu prüfen, ob die Arbeit gegebenenfalls verschoben oder zumindest in die kühlen Morgenstunden verlegt werden kann. Die Pausenzeiten sind der Belastung entsprechend anzugleichen. Arbeitnehmer sollten vor allem die Mittagshitze meiden, da diese dem Körper viel abverlangt.
- Ausreichend trinken: Ist es sehr heiß, produziert der Körper viel Schweiß und ihm wird eine große Menge an Flüssigkeit entzogen. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, viel zu trinken und die Getränke in greifbarer Nähe, jedoch möglichst nicht in der prallen Sonne aufzubewahren.
- Haut und Augen schützen: Als Sonnenschutz bieten sich körperbedeckende Kleidung, wenn möglich mit UV-Schutz, und ein breitkrempiger Hut an. Unbedeckte Körperpartien sind zudem rechtzeitig und ausreichend mit Sonnenschutzmittel einzureiben. Dabei ist der Lichtschutzfaktor dem Hauttyp entsprechend auszuwählen. Zum Schutz der Augen eignet sich eine Sonnenbrille, die sowohl ein CE-Zeichen als auch die Blendschutzkategorie zwei oder drei sowie die Bezeichnung „UV400“ aufweist. Zusätzlichen Schutz im Freien bieten Anlagen zur Belüftung oder zur Beschattung wie Sonnensegel und Schirme. Beim Thema Haut- und Augenschutz kann zudem der Betriebsarzt weiterhelfen und fundierte Tipps geben.
- Schadstoffgrenzwerte beachten: Melden Umweltbehörden Überschreitungen der Ozonwerte beziehungsweise Sommersmog, sind deren Empfehlungen zu befolgen. Insbesondere ist es dann ratsam, schwere Arbeiten einzuschränken oder ganz zu vermeiden. Aktuelle Messdaten und Verhaltenshinweise sind beim Umweltbundesamt abrufbar.
- Mitarbeiter schulen: Bei der Arbeit unter extremen Bedingungen wie Hitze ist es besonders wichtig, auf sich selbst und seine Kollegen achtzugeben, um gesundheitliche Risiken oder Notfälle rechtzeitig zu erkennen und richtig zu reagieren. Hierfür sollten Arbeitgeber ihren Angestellten Informationen über Gefahren und Vorsorgemaßnahmen zur Verfügung stellen und sie gegebenenfalls für bestimmte Situationen schulen. Wer Symptome von Hitzeerkrankungen bei sich oder Kollegen entdeckt, kann rechtzeitig handeln und im Ernstfall Erste-Hilfe-Maßnahmen anwenden.Hitzeerkrankungen erkennen: Neben einem Sonnenstich kann es bei der Arbeit im Freien in Extremfällen auch zu einem Hitzschlag kommen. Ersterer kann nach lang anhaltender, direkter Sonneneinstrahlung auf Kopf und Nacken auftreten. Die Symptome sind Schwindel, Übelkeit, Erbrechen und Nackenschmerzen. Bei einem Hitzschlag versagt die Kühlfunktion des Körpers und die Schweißproduktion versiegt. Die Haut ist trocken, gerötet und heiß. Im schlimmsten Fall kann der Betroffene bewusstlos werden.
- Sofortmaßnahmen im Hitzenotfall: Machen sich Krankheitsanzeichen in Verbindung mit Hitzearbeit bemerkbar, muss der Betroffene sofort aus dem Hitzebereich heraus und in eine kühle, schattige Umgebung gebracht werden. Einengende Kleidung ist zu öffnen und nach Möglichkeit ganz abzulegen. Eine wichtige Maßnahme ist die äußere Kühlung. Diese kann mit kalten Nackenkompressen und durch die Befeuchtung der Haut insbesondere der Unterarme erfolgen. Mit einem Ventilator oder durch Zufächern kann der Erkrankte weiter gekühlt werden. Ansprechbare Personen sind mit erhöhtem Oberkörper zu lagern. Es ist wichtig, dass sie viel und in kleinen Schlucken trinken. Am besten eignet sich hierfür nicht zu kaltes Wasser. Getränke wie Milch, Limonaden und Alkohol sind in diesem Fall ungeeignet. Bei Muskelkrämpfen ist der Salzverlust mit Kochsalzzugabe von einem Teelöffel pro Liter Wasser auszugleichen. Betroffene mit Kreislaufproblemen sollten in eine Schocklage mit flach gelagertem Oberkörper und hoch gelagerten Beinen gebracht werden. Ist der Betroffene bewusstlos, ist er unbedingt in eine stabile Seitenlagerung zu bringen, denn falls er sich übergeben muss, wird so das Einatmen von Erbrochenem verhindert. Da Hitzenotfälle nicht immer leicht von anderen schweren akuten Krankheitsbildern abzugrenzen sind, ist in jedem Fall der Betriebs- oder ein Notarzt zu rufen. So gehen Betroffene und Kollegen auf Nummer sicher.
Weitere Informationen unter www.tuev-sued.de/bgm.