Eine umfangreich Studie aus China hat erstmals gezeigt, dass Patienten unmittelbar nach einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA) oder einem „kleinen Schlaganfall“ (Minor Stroke) durch eine Kombinationsbehandlung mit den beiden Plättchenhemmern Clopidogrel und Acetylsalicylsäure (ASS) besser vor einem Schlaganfall geschützt sind als mit ASS alleine.
Zwei Schlaganfälle binnen drei Monate
„Bis zu 20 Prozent unserer Patienten erleiden ein solches zweites und schweres Ereignis binnen drei Monaten“, erläutert Professor Joachim Röther, zweiter Vorsitzender der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) und Chefarzt der Neurologischen Abteilung, Asklepios Klinik Altona. „Die Studie der Kollegen ist gründlich und wichtig, und wir können viel daraus lernen. Zugleich müssen wir jedoch beachten, dass die neuen Erkenntnisse ausschließlich an chinesischen Patienten gewonnen wurden, sodass sie nicht ohne Weiteres auf die hiesige Situation übertragen werden können“, so Röther weiter.
Weiterhin große Studien zur Sekundärprävention gefordert
Nicht zuletzt deshalb fordert Professor Hans-Christoph Diener von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) weiterhin große Studien zur Sekundärprävention des Schlaganfalls mit Thrombozytenfunktionshemmern ebenso wie mit neuen Antikoagulantien: „Am liebsten wären uns solche Studien in Westeuropa, denn dann haben wir die größtmögliche Sicherheit, dass die Ergebnisse auch auf unsere Patienten zu übertragen sind.“ Bis dahin gelten die bestehenden Richtlinien.
Über 40.000 Schlaganfall-Patienten untersucht
Für ihre Untersuchung hatten die Forscher um Dr. Yongjun Wang vom Beijing Tiantan Hospital zwischen Oktober 2009 und Juli 2012 an 114 Einrichtungen der Volksrepublik China insgesamt 41.561 Patienten mit einem Schlaganfall oder TIA untersucht, von denen schließlich 5170 in die Studie aufgenommen wurden. Ziel der Untersuchung mit dem Akronym CHANCE (Clopidogrel in High-Risk Patients with Acute Nondisabling Cerebrovascular Events) war es, die Hypothese zu testen, dass eine dreimonatige Behandlung mit einer Kombination aus Clopidogrel und ASS das Risiko eines erneuten Schlaganfalls gegenüber ASS alleine senken würde.
Dafür wurden die Patienten auf zwei Gruppen zwei unterschiedlichen Gruppen zugeordnet. Beide erhielten am ersten Tag ASS in einer Dosis zwischen 75 und 300 Milligramm nach Maßgabe des behandelnden Arztes. Während jedoch die eine Gruppe von Tag 2 bis Tag 90 lediglich jeweils 75 Milligramm ASS bekam (und ein Placebo), erhielt die andere Gruppe nach einer initialen Dosis von 300 Milligramm Clopidogrel für die restlichen 89 Tage jeweils 75 Milligramm dieses Wirkstoffes zusätzlich zu den 75 Milligramm ASS.
Risikoreduktion um fast ein Drittel
„Tatsächlich fanden die Forscher einen Unterschied zugunsten der Clopidogrel-ASS-Gruppe“, berichtet Professor Hans-Christoph Diener, Direktor der Neurologischen Universitätsklinik Duisburg-Essen: Dort wurde bei 8,2 Prozent ein Schlaganfall beobachtet, gegenüber 11,7 Prozent in der ASS-Gruppe, was einer Risikoreduktion um fast ein Drittel (32 Prozent) entspricht. „Diese auf den ersten Blick sicherlich beeindruckenden Zahlen muss man indes relativieren“, mahnt Diener. „Mehr als 40.000 Patienten mussten gescreent werden, um 5170 geeignete zu finden. Etwa ein Viertel war zu spät in die Klinik gekommen. Ausgeschlossen waren Hochrisiko-Patienten mit größeren Schlaganfällen und solche mit einem niedrigen Risiko, mit TIA durch isolierte sensorische, visuelle oder Schwindel-Syndrome. Außerdem ist das Muster arterieller Erkrankungen unter Chinesen anders als in der westlichen Bevölkerung und sie haben andere Varianten des Leberenzyms P-450,“ so Diener weiter.
[Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) / Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN)]