Aussitzen oder krumm arbeiten? Rückenprobleme im Job sind eine Frage der Haltung

Videokonferenzen, E-Mails, Bürochats – in der schönen neuen Arbeitswelt gibt es kaum noch einen Grund, sich von seinem Schreibtischstuhl zu erheben. Mehr als ein Drittel der Beschäftigten in Deutschland arbeitet überwiegend im Sitzen, und von dort lässt sich mittlerweile fast alles bequem am Bildschirm erledigen. Lieferservices bringen bei Bedarf sogar das Mittagessen an den Platz. Und auch den Feierabend sitzen viele Beschäftigte buchstäblich aus: In einer Bewegungsstudie des F.A.Z.-Instituts im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK) gab mehr als die Hälfte der Befragten an, mindestens zwei weitere Stunden vor dem Fernseher oder dem Computer zu sitzen.

Foto: Techniker Krankenkasse

Die Folgen der Bewegungsarmut sind absehbar. Nach Angaben des TK-Gesundheitsreports war fast jeder zehnte Fehltag, den Deutschlands Beschäftigte 2011 krankgeschrieben waren, rückenbedingt. Auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet heißt das, dass über 39 Millionen Fehltage allein auf Rückenbeschwerden zurückgingen. In Deutschlands Unternehmen fehlten also täglich über 160.000 Menschen rückenbedingt.

Gudrun Ahlers, die bei der TK für den Gesundheitsreport verantwortlich ist: “Eigentlich waren die Rückenbeschwerden in der ersten Hälfte des letzten Jahrzehnts rückläufig, seit 2006 verzeichnen wir aber wieder einen Anstieg.” Die Expertin für Betriebliches Gesundheitsmanagement empfiehlt den Betroffenen den Alltag auch in der digitalen Welt wieder aktiver zu gestalten. “Idealerweise sollte man den Tag gleich mit Bewegung beginnen. Zehn Minuten nach dem Aufstehen reichen schon für einen aktiven Start in den Tag. Den Arbeitsweg kann mal als Trainingsparcours nutzen, indem man mit dem Fahrrad fährt oder eine Station früher aus dem Bus steigt”, so Gudrun Ahlers. Auch die Mittagspause kann man nutzen, um sich die Beine zu vertreten.

Und im Büro sollten sich nicht nur die Finger auf der Tastatur bewegen. “Je mehr man sitzt, desto mehr ausgleichende Bewegung braucht man”, weiß Ahlers. “Deshalb sollte man auch während der Arbeit öfter aufstehen, um sich zu strecken: Viele Dinge lassen sich ebenso gut im Stehen erledigen, wie zum Beispiel telefonieren, die Post öffnen und lesen, sich kurz mit Kollegen abstimmen”, so die Gesundheitsexpertin. Beschäftigten, die über Problemlösungen oder kreative Ideen nachdenken, empfiehlt sie umherzugehen statt auf den Bildschirm zu starren, das fördert den Gedankenfluss.

Wer nicht im Büro, sondern körperlich arbeitet, zum Beispiel auf dem Bau oder in einer Gärtnerei, hat keine Probleme mit Bewegungsmangel, sondern leidet meist unter starken und einseitigen Belastungen. Die TK-Expertin rät, in Abstimmung mit den Sicherheitsbeauftragten und Arbeitsmedizinern ergonomische Arbeitsbedingungen zu schaffen. Zudem empfiehlt sie regelmäßig kurze Pausen, in denen sich ungesunde Zwangshaltungen ausgleichen. Auch Beschäftigte, die tagsüber körperlich schwer arbeiten, sollten nach Feierabend für einen gesunden Ausgleich sorgen. “Entspannungstrainings wie Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung können zum Beispiel ein gutes Gegengewicht sein”, so Ahlers. “Sie wirken nicht nur den körperlichen Belastungen entgegen, sondern helfen zudem, Stress abzubauen. Denn auch stressbedingte Fehlzeiten nehmen unter Deutschlands Beschäftigten immer weiter zu.”

Quelle: Techniker Krankenkasse

HCC Redaktion

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