Teil 4 der Interviewreihe mit Michael Hoeckle zum Thema betriebliches Gesundheitsmanagement. Heute spricht der Veranstalter der Messe HUMAN CAPITAL CARE und Geschäftsführer der Eventus49 GmbH darüber, wie sich betriebliches Gesundheitsmanagement in Unternehmen einführen und integrieren lässt.
Was ist betriebliches Gesundheitsmanagement im Sinne einer Unternehmensführung?
Gesundheit ist Führungsverantwortung! Die Unternehmensführung entscheidet darüber, wie intensiv und wie gezielt vorgegangen wird. Generell gilt aber, wenn die Unternehmensführung nicht dahinter steht, ist die Abstrahlung zu den Mitarbeitern deutlich spürbar und verringert die Wirksamkeit. Das gilt auch für die Führungskräfte unterer Hierarchieebenen. Daher muss die Sensibilisierung der gesamten Führungskräfte ein Bestandteil der Umsetzung sein. Das BGM als solches sollte nur ein kleiner Zeitfaktor in der gesamten Unternehmensführung übernehmen, der durch die kontinuierliche und langfristige Betrachtung in die Philosophie implementiert wird. Es handelt sich hier marketingtechnisch um die Positionierung des Unternehmens zum Mitarbeiter und persönlich gesehen um die Wertschätzung des Mitarbeiters als Mensch. Für die stark wirtschaftslastigen Unternehmer möchte ich hinzufügen, dass sich diese Führungsmethode am Ende immer auszahlt.
Welche Schritte sind für eine Einführung von betrieblichem Gesundheitsmanagement in das Unternehmen nötig?
Es gibt schon einfache Leitfäden, die einen Einblick in die Maßnahmen geben. So zum Beispiel vom Verband deutscher Betriebs- und Werksärzte. Die Einführung ist allerdings nicht so kompliziert wie angenommen. Es ist wie bei der Markteinführung eines Produktes. Alles fängt mit einer Recherche an, aus dem ein Konzept wird. Man sollte sich auf jeden Fall zur Kontrolle der Umsetzung messbare Ziele setzen, sowohl Hard- als auch Softfacts. Das eigentlich Knifflige an der Angelegenheit ist die Integration der Mitarbeiter in das Konzept. Hier sind Schritte sinnvoll wie Mitarbeiterkommunikation zum Start oder Integration durch Mitarbeiterbefragung. Die Maßnahmenplanung erfolgt erst sinnvollerweise danach und wird je nach den Ergebnissen der Bedarfsanalyse geplant und umgesetzt, damit die Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit möglichst hoch ist. Hierbei sind die gewachsenen Unternehmensstrukturen stark zu berücksichtigen. Am Ende des Kreislaufs, der sich stetig wiederholt, steht die Erfolgsanalyse und Bewertung nach den am Anfang gesetzten Zielen. Hier in kurzen Schritten:
1. Vorbereitung / Planung
2. Start / Auftakt / Einstieg
3. Bestandsaufnahme / Analyse
4. Maßnahmenplanung
5. Maßnahmendurchführung
6. Evaluation / Erfolgsbewertung / Wirksamkeitsüberprüfung.
Im Laufenden Prozess kann der PDCA-Kreislauf gefahren werden: Plan-Do-Check-Act
Wo liegen die Herausforderungen, wenn ein Untenehmen betriebliches Gesundheitsmanagementbei integrieren will?
Die “Schnittstelle Mensch” ist in Unternehmen immer die Herausforderung. Dies gilt auch bei Produkten. So beschäftigt sich bei einem Automobilbauer eine ganze Abteilung nur mit dem HMI Human-Machine-Interface. Wie kann für alle Kunden das Fahrzeug optimal gestaltet werden? Denn nur wenn dieser sich wohl fühlt und sich zurecht findet, wird er zufrieden sein. Dies ist der gleiche Ansatz bei BGM. Was nützt eine Maßnahme, wenn Sie nicht angenommen wird? Was nützt ein betriebliches Gesundheitsmanagement, das keins ist, weil keine Ziele und Strategie dahinter steht? Im Wesentlichen ist bei der Umsetzung auf eine gut geplante Vorgehensweise und die Berücksichtigung der Strukturen zu achten. Ein weiterer Punkt ist die zielgerichtete Integration der Mitarbeiter durch Kommunikation und Maßnahmen. Herausforderungen werden sich allerdings stets neue auftun.
Welchen Sinn haben einzelne Gesundheitsförderungen und wie effektiv sind diese?
Jede Maßnahme hat Ihren Sinn. Allerdings ist es die Aufgabe eines BGM’s, zu hinterfragen, wie sinnvoll und effektiv diese ist. Aus diesem Grund wird eine Planung der einzelnen Maßnahmen nach einer Analyse durch ein passendes Verfahren wie Gefährdungsbeurteilung oder Mitarbeiterbefragung ausgewählt. Es ist hier auf den Unterschied und die Kombination von verhaltens- und verhältnisorientierten Maßnahmen zu achten. Der generelle Sinn liegt darin, Gefährdungen im, bzw. durch den Job zu minimieren und auf der anderen Seite den Mitarbeiter wieder zu einem gesunden Lebensstil zurückzuführen, welcher konstant für die langfristige Wirkung beibehalten wird. Dabei ist vom Grundsatz bei den einzelnen Maßnahmen darauf zu achten, dass es eine gute Mischung aus Präventionsmaßnahmen zu Ernährung, Bewegung und Ausgleich gibt.
Welche Aufgaben und Pflichten kommen sowohl den Führungskräften als auch den Mitarbeitern zu, um betriebliches Gesundheitsmanagement zu gewährleisten?
Viele haben bei betrieblichem Gesundheitsmanagement die Vorstellung, dass es den Mitarbeiter stetig dazu verdonnert, etwas für seine Gesundheit zu tun. Dies kann nicht funktionieren und ist auch nicht Sinn der Angelegenheit. Es soll eine Hilfe zur Selbsthilfe sein. Wege aufzeigen und motivieren, diese zu nutzen. Vorbild sein und zeigen, dass es funktioniert. Wichtig ist dabei, die Kommunikation zwischen den Führungskräften und Mitarbeitern, um eine stetige Einschätzung der Lage zu bekommen. Es ist die Aufgabe des Mitarbeiters, sich zu beteiligen und die Pflicht der Führungskraft, dies wahrzunehmen. Nur wenn ein Schäfer seine Schäfchen wirklich kennt, kann er sie behüten.
Wie ist eine sinnvolle Umsetzung von betrieblichem Gesundheitsmanagement in kleinen Unternehmen auch bei Personalmangel und Zeitknappheit zu gewährleisten?
Betriebliches Gesundheitsmanagement ist immer sinnvoll! Nur würde ich hier nicht von BGM sprechen, sondern von einer gesunden Führungskultur. Selbst bei Zeitmangel lässt sich viel umsetzen. Mehr eine sozial- und gesundheitsbewusste Führung. Ein Beispiel ist ein Unternehmen mit acht Mitarbeitern in der Dienstleistungsbranche. Die Mitarbeiter haben alle ein Firmenrad bekommen, machen regelmäßig Ausflüge und gehen zum Sport, veranstalten gemeinsame Kochkurse für Spaß, Teambuilding und Aufklärung über gesunde Ernährung und verfügen über einen Pausenraum zum Erholen sowie einen Masseur, der alle zwei Wochen kommt. Dieses Team ist laut dem Inhaber so effektiv und leistungsfähig, dass er selbst bei schwierigsten Projekten in der heißen Phase keine Probleme hat. Die Zeitknappheit ist immer da. Man muss nur priorisieren! Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich in meiner Selbstständigkeit sehr lange Arbeitstage habe und als ich in einer höchst anstrengenden Phase feststellte, dass ich komplett falsch lebe und mehr Schlaf brauchte, fing ich wieder an, regelmäßig Sport zu machen sowie besser zu essen und zu trinken. Am Ende hatte ich mehr Zeit durch weniger Schlafbedarf und mehr Effizienz, ganz zu schweigen davon, dass ich mich ausgeglichener fühle.
Vielen Dank für das Gespräch!
In Teil 5 dieser Reihe erklärt Michael Hoeckle, wie und wann sich ein erfolgreiches betriebliches Gesundheitsmanagement bemerkbar macht und wie es sich noch optimieren lässt. Das Interview erscheint am Dienstag, 19. Februar 2013, im HCC-Magazin.