Gedächtnisleistung im Alter: Langsamer, aber leistungsfähiger

Zuwachs an Wissen besser beherrschen

Die Arbeit von Ramscar und seinen Kollegen erklärt nicht nur, warum das Gehirn eines Erwachsenen als langsamer und vergesslicher erscheinen muss als das eines Jugendlichen. Die Forschergruppe kommt zu dem Schluss, dass die Leistungsveränderungen im Alter sogar demonstrieren, dass Erwachsene ihren Zuwachs an Wissen besser beherrschen. Die Wissenschaftler nutzten dafür den gängigen „paired-associate learning “-Test, mit dem kognitive Fähigkeiten gemessen werden. Die Probanden mussten dabei Wortpaare wie „oben“/„unten“ oder „Krawatte“/“Knallbonbon“ einstudieren.

Zwar konnten Jugendliche sich Wortpaare wie „oben“/„unten“ besser merken als Wortpaare wie „Krawatte“/„Knallbonbon“, weil diese im Sprachgebrauch häufiger gemeinsam auftreten. Aber insgesamt prägten sie sich Wortpaare unabhängig davon ein, ob sie zusammen Sinn ergaben – es machte für sie wenig Unterschied ob „Knallbonbon“ in Zusammenhang mit „Krawatte“ oder mit einem anderen Wort erschien. Die Erwachsenen hingegen merkten sich in dem Test zusammenpassende Wortpaare leichter als unsinnige Zusammenstellungen – sie hatten im Laufe ihres Lebens ein besseres Verständnis dafür entwickelt, wie Wörter im Sprachgebrauch zusammengehören. Professor Harald Baayen, Leiter der Alexander von Humboldt Forschungsgruppe für Quantitative Linguistik an der Universität Tübingen, die an diesem Thema arbeitet, erklärt dies folgendermaßen: „Um eine Sprache richtig zu verwenden, muss man vermeiden, Begriffe zusammenzubringen, die zwar plausibel erscheinen, aber nicht zusammenpassen. Das können Erwachsene aufgrund ihrer Lebenserfahrung besser.“

Messung künftig anders gestalten

Die Tübinger Wissenschaftler folgern aus ihren Ergebnissen, dass die Messung der kognitiven Fähigkeiten älterer Menschen anders gestaltet werden muss. Für sinnvolle Tests müsste zunächst geklärt werden, welche und wie viele Informationen unser Gehirn verarbeitet. Die bisher gängigen Tests können dies nach Ansicht der Forscher nicht leisten, sagt Michael Ramscar. „Das Gehirn älterer Menschen wird nicht leistungsschwächer, ganz im Gegenteil, es weiß einfach mehr.“

(Eberhard Karls Universität Tübingen)

HCC Redaktion

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