Am 15. November 2012 fand die öffentliche Abschlusskonferenz des Forschungsprojekts „Lanceo – Balanceorientierte Leistungspolitik“ in München statt.
Dabei ging es darum, welche Bedingungen heute gegeben sein müssen, damit Beschäftigte Arbeit und Leben in Einklang bekommen. Etwa: Wie lebt es sich mit ständiger Erreichbarkeit und Einsetzbarkeit in der Arbeit? Wie ist es für Menschen mit pflegebedürftigen Angehörigen heute möglich, im Erwerbsleben zu stehen?
Die Ergebnisse von Lanceo: Solche Fragen dürfen nicht auf die Individuen abgewälzt werden. Eine balanceorientierte Leistungspolitik der Unternehmen wird gebraucht.
Das Forschungsprojekt Lanceo hat in dreijähriger Arbeit das Verhältnis von Arbeit und Leben (Work-Life Balance) untersucht. Es zeigt sich: Aus der Arbeitswelt kommen steigende Anforderungen an mehr Leistung, größere Flexibilität, ständige Erreichbarkeit, die auf das Leben der Menschen übergreifen. Umgekehrt sind auch die Anforderungen aus der Lebenswelt gewachsen: Familie, pflegebedürftige Angehörige, Ehrenamt und Sozialleben fordern ihren Platz. Arbeiten und Leben sind unter Druck und oft nur schwer in Einlang zu bringen.
Wie kann in unserer heutigen flexiblen Arbeitswelt eine lebbare Balance geschaffen werden? Das Forschungsprojekt hält eine wichtige Voraussetzung dafür fest: Nur wenn Anforderungen und Ressourcen in der Arbeit zusammenpassen, können Beschäftigte eine Balance zwischen Arbeit und Leben erreichen. Es ist eine balanceorientierte Leistungspolitik der Unternehmen erforderlich.
Lanceo ist aber nicht nur ein Forschungs-, sondern auch ein Gestaltungsprojekt. Gemeinsam mit sechs Unternehmen und den Interessenvertretungen der Beschäftigten haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen daran gearbeitet, Möglichkeiten einer solchen balanceorientierten Leistungspolitik zu entwickeln, auszuprobieren und zu bewerten.
Am 15. November 2012 stellte das Projekt seine Ergebnisse und seine Gestaltungsansätze öffentlich vor. Fünf Foren behandeln Fragen wie Reisetätigkeit und Erreichbarkeit („wenn die Arbeit viele Orte hat“), Erwerbstätigkeit von Personen mit pflegebedürftigen Angehörigen („wenn die Lebenswelt den Takt vorgibt“), Erfolgsabhängigkeit im Vertrieb, variables Entgelt („Geld oder Leben“), Beruf und Leben („Betriebskita und alles ist gut?“).
Vortragsunterlagen:
Forum 1: Geld oder Leben – mit variablem Entgelt zur Work-Life-Balance?
Viele Organisationen versuchen mit variablen Entgeltbestandteilen Leistungsanreize zu setzen. Doch welche Chancen und Risiken bergen solche Systeme für die Work-Life-Balance? Setzen Leistungsentgeltsysteme vor allem Anreize zur Selbstausbeutung? Oder bieten Sie den Beschäftigten die Möglichkeit einer nach individuellen Bedürfnissen gestalteten Work-Life-Balance?
Mit Leistungsentgelt Work-Life-Balance gestalten? Chancen und Risiken von Leistungsentgeltsystemen —> Zur Präsentation
Dr. Nick Kratzer, Sarah Nies (ISF München)
Forum 2: Wenn die Lebenswelt den Takt vorgibt: Mitarbeiter/innen mit pflegebedürftigen Angehörigen
Die Work-Life-Balance von Erwerbstätigen wird massiv in Frage gestellt, wenn sie zuhause die Verantwortung für die Pflege von Angehörigen übernehmen. Wie arrangiert sich diese – ja immer größer werdende – Personengruppe mit einer Lebenssituation, die mit hohen Anforderungen verbunden ist? Wie können Politik und Unternehmen die Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und häuslicher Pflege unterstützen?
Private Pflegearbeit und Erwerbsarbeit: Wie lässt sich das vereinbaren? – Forschungsergebnisse aus dem Projekt Lanceo —> Zur Präsentation
Dr. Wolfgang Dunkel (ISF München)
Das Konzept der pflegesensiblen Arbeitszeiten – Möglichkeiten der Unterstützung pflegender Angehöriger durch den Arbeitgeber —> Zur Präsentation
Stefan Reuyß (SowiTra, Berlin)
Forum 3: Zuhause – unterwegs – beim Kunden: wenn die Arbeit viele Orte hat
Arbeit ist heute zunehmend räumlich entgrenzte, „mobile“ Arbeit: Gearbeitet wird nicht nur im Betrieb, sondern auch zuhause, unterwegs oder beim Kunden. Die Zunahme mobiler Arbeit wirft viele Fragen für die Work-Life-Balance auf: Was sind die neuen Chancen, was die neuen Risiken? Wo sind Grenzen entgrenzter Arbeit – und wer zieht diese? Und: Was sind gute Ansätze für die Gestaltung und Regulierung mobiler Arbeit?
Mobile Arbeit – Problem oder Lösung für die Work-Life-Balance? —> Zur Präsentation
Dr. Gerlinde Vogl (Universität Oldenburg)
Forum 4: Wenn nur der Erfolg zählt – Work-Life-Balance im Vertrieb
Eine erfolgsorientierte, „indirekte“ Unternehmenssteuerung soll heute bei abhängig Beschäftigten unternehmerische Handlungsmotive und eine entsprechende Leistungsdynamik erzeugen. Damit verbindet sich nicht nur eine Erweiterung der eigenen Selbständigkeit, sondern auch eine Form der Selbstgefährdung, die bislang für Freiberufler, Existenzgründer etc. typisch war (“interessierte Selbstgefährdung”). Welche Folgen haben neue Managementformen für Gesundheit, Work-Life-Balance und Motivation? Wie kann man Selbständigkeit fördern – und (Selbst)Gefährdung verhindern?
Reduzierung psychischer Fehlbelastung trotz Erfolgsorientierung – Gestaltungsansätze für den Vertrieb —> Zur Präsentation
Jürgen Laimer (Cogito Institut für Autonomieforschung, Berlin)
Forum 5: Betriebskita und alles ist gut? – Arbeit und Leben ganzheitlich betrachtet
Betriebskita, Home-Office, Teilzeitmodelle – diese Angebote werden häufig eingeführt, wenn eine Organisation balanceorientierter werden soll. Doch trotz dieser Maßnahmen fällt es vielen Beschäftigten schwer, Arbeit und Leben in Einklang zu bringen. Welche Arbeitsbedingungen erleichtern die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben? Und welche Strategien wenden diejenigen an, denen es gut gelingt, die verschiedenen Lebensbereiche auszubalancieren? Welche Impulse helfen auf dem Weg zur balanceorientierten Organisation?
Ist es zu viel oder bekomm´ ich es nicht gebacken? – Arbeitsbedingungen, individuelle Handlungsstrategien und Life-Domain-Balance —> zur Präsentation
Dr. Barbara Pangert (Universität Freiburg)
Life-Domain-Balance gestalten – Evaluation zweier Lanceo-Ansätze —> Zur Präsentation
Nina Schiml (Universität Freiburg)
Weiterführende Informationen:
www.lanceo.de
www.isf-muenchen.de
Lanceo wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und vom Europäischen Sozialfonds gefördert und vom Projektträger im DLR/Arbeitsgestaltung und Dienstleistungen betreut. Verbundpartner sind: ISF München – Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung, Arbeitsgruppe Arbeits- und Organisationspsychologie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Professur für Organisation und Personal an der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg, Cogito – Institut für Autonomieforschung Berlin, Endress+Hauser People for Process Automation, Maulburg.
(mb / mit Informationen von Lanceo und ISF München 2012)