Jeder von uns möchte möglichst lange selbst bestimmt in den eigenen vier Wänden wohnen. Vor dem Hintergrund der demografischen Alterung und den damit einhergehenden steigenden Herausforderungen für das Gesundheitswesen werden vor allem Senioren keine andere Wahl haben. Über die Frage, wie die Technik künftig dabei helfen kann, das Leben solange wie möglich selbst im Griff zu haben, wird in den nächsten drei Jahren ein Exzellenzcluster der Universität Bielefeld zusammen mit Partnern aus Wirtschaft und Gesellschaft forschen.
Hausnotruf nicht immer geeignet
Mit zunehmenden Alter steigt die Sturzgefahr. Schätzungen zufolge stürzen von den zu Hause lebenden über 65-Jährigen etwa 30 Prozent mindestens einmal jährlich. Bei den über 80-Jährigen sind es mehr als 40 Prozent. Einen Hausnotruf, auch Funkfinger genannt, können sie nicht immer auslösen, weil sie das Gerät nicht bei sich tragen, bewusstlos oder verletzt sind. Ein solcher Alarm hilft also nur bedingt, ebenso wie am Körper getragene Sensoren. Diese reagieren mitunter schon auf schnelle Handbewegungen und sind daher besonders anfällig für Fehlalarme. Im Boden eingebaute Sensoren erkennen zwar Notfälle, sie lassen sich jedoch nur mit einem hohen baulichen und finanziellen Aufwand installieren. Diese Beispiele zeigen, dass die Technik noch vor gewaltigen Herausforderungen steht, wenn es darum geht, Menschen im fortgeschrittenen Alter den Alltag zu erleichtern, und zwar nicht ausschließlich im Notfall. Denn auch alltägliche Dinge, wie zum Beispiel das Kochen fällt älteren Menschen oft schwer.
Eine vernetzte Wohnung für mehr Lebensqualität
14 Projektpartner aus Ostwestfalen-Lippe aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft sehen in einer vernetzten Wohnung, welche die Gesundheit, Lebensqualität und Sicherheit von Familien, Singles und Senioren fördert einen möglichen Lösungsweg. Daran werden sie in den kommenden drei Jahren im Rahmen des neuen regionalen Innovationsclusters „KogniHome“ gemeinsam arbeiten. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt mit acht Millionen Euro bis 2017.
Vom passenden Gericht bis zur passenden Kleidung
So soll eine „digitale Küche“ den Bewohnern assistieren, etwa indem sie deren Kochaktivitäten begleitet, Varianten für Rezepte vorschlägt und frühzeitig warnt, bevor ein Gericht anbrennt. „Sie kann zum Beispiel auch in der Lage sein, Zubereitungsvorlieben und -gewohnheiten der Nutzer zu speichern, um so eine Art ,personalisiertes Kochgedächtnis‘ aufzubauen“, sagt Dr. Eduard Sailer, Geschäftsführer Technik der Miele Gruppe, einer der Partner aus der Wirtschaft, der sich im Cluster engagiert. Aber auch außerhalb der Küche sind automatische Hilfestellungen vorgesehen: So kann eine intelligente Tür Besucher begrüßen und den Bewohner an Termine erinnern und daran, den Wohnungsschlüssel einzustecken. Zum Eingangsbereich wird ein mitdenkender Garderobenspiegel gehören. Er weist zum Beispiel darauf hin, ob der Bewohner Kleidung trägt, die zum Wetter passt.
Leben erleichtern: Nicht nur eine Frage der Technik
Bei der Entwicklung der vernetzten Wohnung stehen für die Forscher technische Aspekte im Fokus. „Wir wollen den Wohnalltag mit neuen nützlichen Hilfestellungen anreichern, welche die Gesundheit und Sicherheit ihrer Nutzer verbessern“, sagt Professor Dr. Helge Ritter vom Exzellenzcluster CITEC (Cognitive Interactionstechnology) und Sprecher des neuen Innovationsclusters KogniHome. Asu diesem Grund befassen sich die am Prjekt beteiligten Partner aus Industrie, Forschung, Dienstleistung sowie Sozial- und Gesundheitswesen auch mit ethischen, gesellschaftlichen und rechtlichen Aspekten, damit die Frage, wie sich „mitdenkende“ und vor allem „vertrauenswürdige“ technische Systeme verwirklichen lassen, die Menschen im Alltag unterstützen können. Das Projekt KogniHome startet in diesem Monat und läuft bis Ende Juli 2017. Weiterführende Informationen hierzu finden am Thema Interessierte unter folgendem Link.