Telemedizin: Patientenbetreuung per Fernüberwachung bald Standard?

Deutschlands Bevölkerung altert. Chronische Krankheiten wie Diabetes mellitus nehmen hierzulande zu. Eine bessere Früherkennung von Krankheiten bietet die Telemedizin. Untersuchungen können so häufiger und effizienter durchgeführt werden. Hürden wie große Entfernungen werden überbrückt. Die Fernüberwachung von Patienten wird sich in spätestens 15 Jahren durchsetzen. Zu diesem Ergebnis kommt die Unternehmensberatung Steria Mummert Consulting in einer Marktbeobachtung.

Umsatz mit gesundheitsbezogenen Apps nimmt Milliardengrenze

Etwa 1.000  neue Health-Apps kommen laut dem britischen Marktforscher d4 Research Monat für Monat weltweit auf den Markt. Der Umsatz mit gesundheitsbezogenen Apps betrug im vergangenen Jahr dem US-Marktforscher Research2Guidance zufolge 1,3 Milliarden US-Dollar. „Das entspricht einer Verdoppelung gegenüber 2011“, sagt Torsten Kreis, Senior Manager Public Services von Steria Mummert Consulting.

Volkskrankheit Diabetes

Allein bei der Behandlung von Diabetes brächte die Telemedizin einen großen Nutzen. „Die Stoffwechselkrankheit verursacht in Deutschland jährlich etwa 50 Prozent der Krankenversorgungskosten“, sagt Kreis. Jedes Jahr werden etwa 25.000 Fußamputationen bei Diabetikern durchgeführt. Schätzungen gehen davon aus, dass die Zahl der erkrankten Patienten im Jahre 2030 auf mehr als sechs Millionen steigen wird. Allein in der Altersgruppe der 55- bis 74-Jährigen ergibt sich gegenüber heute ein Anstieg um mehr als 1,5 Millionen Personen auf insgesamt 3,9 Millionen.

Einsparungen von bis zu zwei Milliarden Euro

Mit Hilfe der Telemedizin ließen sich Patienten in kürzeren Abständen zu bezahlbaren Kosten untersuchen. Eine Verschlechterung im Krankheitsverlauf würde so früher erkannt und eine Fußamputation möglicherweise verhindert. Bis zu 740.000 Neupatienten ließen sich vermeiden“, schätzt Kreis. „Dadurch könnte man zwei Milliarden Euro Kosten pro Jahr einsparen.“

Diskrepanz zwischen Forschung und Praxis

Noch steckt die Telemedizin aber vielerorts in den Kinderschuhen. „Die meisten Vorhaben kommen über den Projektstatus nicht hinaus, es gelingt keine erfolgreiche Transformation in die medizinische Praxis“, sagt Kreis. „Wenn die Forschungsgelder ausgegangen sind, wird auch das Projekt beendet. Das liegt entscheidend daran, dass die Krankenkassen noch keine Kosten für telemedizinische Leistungen erstatten.

Dabei sind die Vorteile von Telemedizin vielfältig. So werden in den ländlichen Gebieten Deutschlands die Fachärzte knapp. Da wäre es eine große Hilfe, wenn der Fachmann aus einem Krankenhaus per Monitor zugeschaltet werden könnte. Und vor allem für ältere Menschen sind kontinuierliche Arztbesuche für Routineuntersuchungen ein Problem.

Zahl der Fehldiagnosen reduzieren

„Die Telemedizin würde auch einen Beitrag leisten, das Risiko von Behandlungsfehlern zu senken“, sagt Kreis. Ärzte regionaler Krankenhäuser können zum Beispiel per Fallakte und Videokonferenz eine zweite Meinung aus dem Uniklinikum einholen. Er verweist darauf, dass allein in den USA jährlich 40.000 bis 80.000 Menschen infolge von Fehldiagnosen sterben.

(Steria Mummert)

HCC Redaktion

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