Unternehmensführung: Zwischen Sinn und Unsinn

Wie schick wird mein Dienstwagen sein, wie hoch mein Gehaltscheck? Fragen, welche die „High Potentials“ schon lange nicht mehr interessieren. Viel wichtiger ist ihnen die Frage nach dem Sinn ihrer Aufgabe. Von der Sinnhaftigkeit ihres Tuns machen die Mitarbeiter abhängig, wie stark sie sich für ihr Unternehmen engagieren. Aus diesem Grund wird für Führungskräfte Sinn zu vermitteln und zu stiften eine immer wichtiger werdende Aufgabe. Siehe passend dazu auf unserem Partnerportal AGITANO: Sinn stiften – die Führungsaufgabe Nummer 5.

Im vorliegenden Teil 1 der Miniserie zum Thema „Sinnstiftend führen“ erläutert Uwe Reusche, Geschäftsführer des ifsm Institut für Sales- und Managementberatung, warum es vielen Unternehmen oft so große Mühe bereitet, Sinn in den Betriebsalltag zu integrieren.

In Teil 2 „Sinn stiften – fünf Thesen“ erfahren Sie ob – und falls ja – wie Unternehmen und ihre Führungskräfte im Betriebsalltag überhaupt sinnstiftend wirken können.

Wonach strebt uns der Sinn?

Das Wort „Sinn“ hat seine Wurzeln im althochdeutschen Wort „sinan“, das so viel wie „reisen“, streben, trachten bedeutet. Doch wonach streben Menschen? Wohin wollen sie reisen? Wonach trachten sie? Studien belegen: Fast alle Menschen wollen Teil einer Gemeinschaft sein. Und wenn sie jemandem helfen, also etwas über ihren persönlichen Rahmen hinaus gehendes tun? Dann stellt sich bei ihnen ein Gefühl von Erfüllung, Zufriedenheit und Sinn ein.

Dieses Gefühl vermissen heute viele Mitarbeiter von (Groß-)Unternehmen bei ihrer Arbeit. Deshalb empfinden sie diese zunehmend als belastend. Das heißt, statt (neue) Herausforderungen – getragen von einem positiven Eustress – beschwingt und voller Zuversicht anzugehen, bewegen sie sich in einer demotivierenden Distress-Spirale, die auf Dauer zu einer inneren Kündigung oder einem Burnout führt. Deshalb stellt sich die Frage: Sollten sich Unternehmen und ihre Führungskräfte mit der Sinnfrage befassen, oder ist die Frage nach dem Sinn im Business-Kontext Unsinn?

Sinn ist im Betriebsalltag oft schwer erfahrbar

Vielen Unternehmen geht es heute wie den Banken. Ihr Markt wird aufgrund der Globalisierung immer härter und komplexer und ihre Rahmenbedingungen ändern sich immer schneller. Also müssen sie sich immer wieder neu definieren und ihre Strategien neu justieren. Das ist eine schwierige Managementaufgabe – auch weil oft unvorhergesehene Ereignisse die Planungen torpedieren. Deshalb nehmen die Mitarbeiter das Managementhandeln häufig nur noch als Schlingerkurs wahr, während sie zugleich das Damoklesschwert „Ertragssteigerung und/oder Entlassung“ über sich spüren. Und weil sie sich nicht selten nicht ausreichend informiert und als Person und Arbeitskraft gewertschätzt fühlen, verlieren sie den Glauben an die Sinnhaftigkeit ihres Tuns.

Besonders ausprägt ist dieses Phänomen in Unternehmen und Branchen, in denen die Mitarbeiter, zuweilen begründet, einen Wertefall bei ihren Arbeitgebern spüren – wie zum Beispiel bei vielen Banken. Früher waren sie ein Sinnbild für ehrenhaftes Verhalten. Entsprechend stolz waren ihre Mitarbeiter, für sie zu arbeiten. Heute hingegen stehen dieselben Unternehmen nicht selten gesellschaftlich am Pranger – zum Beispiel, weil sie vermögende Kunden systematisch beim Steuerbetrug unterstützten oder gar kriminelle Handlungen begingen, wie den Libor und Euribor zu manipulieren, und so der Allgemeinheit schadeten.

Immaterielle Werte schaffen materielle Werte

Dieser vermeintliche oder reale Werteverfall wirkt auf die Mitarbeiter zurück. Sie fragen sich zunehmend: Was ist der Sinn meiner Arbeit? Kann er ausschließlich darin bestehen, die Umsatzrendite meines Arbeitgebers zu steigern und die Vermögen irgendwelcher, ohnehin schon gut betuchter Kapitalgeber zu mehren? Verschafft mir das auf Dauer Erfüllung und Befriedigung? Nicht, selten lautet die (unausgesprochene) Antwort: Nein! Mit der Folge, dass sich die Mitarbeiter nur noch bedingt für ihren Arbeitgeber engagieren, weil sie sich nur noch eingeschränkt mit dessen Zielen und Handlungen identifizieren und hinter all ihrem Tun die nicht oder negativ beantwortete Sinnfrage steht.

Deshalb sollten sich Unternehmen intensiv mit dem Thema Sinn, sprich Werte, befassen. Denn die Antworten auf diese Frage beeinflussen die Unternehmenskultur und somit die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter. Und diese Faktoren wirken sich wiederum auf die Produktivität und somit Rendite aus. Siehe hierzu auch Motivation: Gute Chefs wirken Wunder. Oder anders formuliert: Die immateriellen Werte schaffen materielle Werte – durch ihre Strahlkraft nach innen und Wirkung nach außen.

Sinn stiften: eine wichtige Führungsaufgabe
(Foto: © privat)

Über Uwe Reusche:

Uwe Reusche ist einer der beiden Geschäftsführer des ifsm Institut für Sales- und Managementberatung, Urbar bei Koblenz. Mehr Informationen zum Autor im Internet unter: www.ifsm-online.com.

HCC Redaktion

... schreibt über alle möglichen Themen rund um Mitarbeitergesundheit und Personal. Wichtige Schwerpunkte liegen auf der Arbeitsplatzgestaltung, Psyche, Ernährung, Bewegung und weiteren Einflussfaktoren nachhaltiger Gesundheitsprävention. Neben Fachartikeln und Tipps & Tricks-Beiträgen werden Interviews mit einschlägigen Persönlichkeiten zu BGM, BGF und mehr veröffentlicht.

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