Prävention im Arbeitsschutz – Definition, Maßnahmen, Fakten

Vorbeugen ist besser … denn Arbeitsunfähigkeit ist teuer. In Zeiten von Fachkräftemangel und alternden Belegschaften wird Prävention im Arbeitsschutz immer wichtiger. Prävention (von lat.: praevenire=zuvorkommen) hat zum Ziel, Krankheiten und Unfälle zu verhindern und die Verschlimmerung vorhandener Krankheiten zu vermeiden. Neben dem Schutz der Mitarbeiter ist Krankheit nämlich auch ein wirtschaftlich relevanter Faktor. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) schätzt den Verlust an Bruttowertschöpfung durch Arbeitsunfähigkeit für das Jahr 2010 auf 68 Milliarden Euro. Etwa 90% der Arbeitsunfähigkeitsfälle gehen auf Erkrankungen zurück. Einschlägige Erfahrungen zeigen laut Fraunhofer IAO, dass etwa ein Drittel dieser Erkrankungen auf unangemessene Arbeitsbedingungen zurückzuführen ist und durch gezielte Präventionsmaßnahmen verhindert werden könnte.

Prävention – was ist das eigentlich so genau?

Prävention ist aufgegliedert in

Primärprävention: Maßnahmen, um eine Krankheitsentstehung zu verhindern (Impfungen, Bewegungsangebote, Ernährungstipps, Suchtprävention)

Sekundärprävention: Maßnahmen, um Krankheiten im Frühstadium zu erkennen (Screenings, Vorsorgeuntersuchungen)

Tertiärprävention: Maßnahmen, um nach der Krankheitsbehandlung Folgeschäden zu minimieren (Rehabilitation, Nachsorgeprogramme, betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM))

Neben der Förderung von gesundheitsförderlichem Verhalten der Beschäftigten (Verhaltensprävention oder personale Prävention), was durch Aufklärung, Sensibilisierung oder auch Sanktionen erreicht werden soll, spielen auch Umwelt- und Einflussfaktoren eine große Rolle. Steuert man diese, sodass sie gesundheitsförderlich sind, spricht man von Verhältnisprävention. Unter Verhältnisprävention versteht man zum Beispiel die Gestaltung der Arbeitsbedingungen, also die Arbeitsplatzgestaltung, die geeigneten Arbeitsmittel und eine gesundheitsgerechte Arbeitsstätte.

Präventionsmaßnahmen: Beispiele

Präventionsmaßnahmen gibt es für alle Arbeitsbereiche, eine Gefährdungsbeurteilung ergibt, welche für den einzelnen Arbeitsplatz die richtigen sind. Beispiele sind Hygienemaßnahmen, die Bereitstellung von PSA, arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, Unterweisungen, Maßnahmen für mehr Bewegung und eine gesündere Ernährung, ergonomische Arbeitsplätze und Suchtprävention – um nur einige zu nennen. Bei dieser Aufzählung wird deutlich, dass Prävention am Arbeitsplatz nicht strikt vom Privatleben getrennt werden kann. Maßnahmen für Bewegung und eine gesunde Ernährung sowie Suchtprävention greifen beispielsweise in die private Lebenswelt ein.

Von Kopf bis Fuß auf Prävention eingestellt

Im Arbeitsschutz gilt mittlerweile ein ganzheitlicher Präventionsansatz: Beschäftigte sollen physisch, aber auch psychisch gesund und damit leistungsfähig bleiben. Seit September 2013 sind psychische Belastungen, bzw. deren Vermeidung, im Arbeitsschutzgesetz gesondert erwähnt und damit geregelt (das Arbeitsschutz-Portal berichtete). Zwar scheiterte ein Präventionsgesetz 2013 im Bundesrat, doch 2014 soll das Gesetz endlich kommen: „Wir werden noch 2014 ein Präventionsgesetz verabschieden, das insbesondere die Prävention und Gesundheitsförderung in Lebenswelten wie Kita, Schule, Betrieb und Pflegeheim und die betriebliche Gesundheitsförderung stärkt …“, steht im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD zu lesen. Auch die Gesundheitsforschung soll sich verstärkt der Prävention und Gesunderhaltung widmen. Ganzheitlicher Arbeitsschutz in der sich wandelnden Arbeitswelt, ein verbindlicheres betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM), Gesundheitszirkel in Betrieben und die Entwicklung von neuen Präventionskonzepten, besonders zum Thema „psychische Belastungen“, stehen laut „Groko“ auf dem politischen Programm.

Investieren – und gewinnen

Und Prävention macht Sinn. Verschiedene Untersuchungen haben ergeben, dass sich Prävention lohnt – nicht nur für die Beschäftigten, sondern auch in barer Münze für das Unternehmen. Einsparungen bei Krankheits- und Versorgungskosten sind in der Regel höher als die finanzielle Investition in wirkungsvolle Präventionsmaßnahmen. Auch wenn der Return on Investment für den einzelnen Betrieb schwierig zu ermitteln ist (aufwändige, teure Analyseverfahren; schwer messbare Faktoren), so empfinden immer mehr Unternehmen die Investition in Prävention als Gewinn. Laut Initiative Gesundheit & Arbeit (iga) können die Krankheitskosten im Unternehmen mit den richtigen Vorsorgemaßnahmen um bis zu 26% gesenkt werden. Internationale Untersuchungen belegen, dass für einen in Prävention investierten US-Dollar bis zu 10 US-Dollar eingespart werden können. Gesunderhaltung der Mitarbeiter und finanzielle Vorteile – wenn das keine schlagenden Argumente für Prävention auch in Ihrem Betrieb sind.

Doch was helfen die großen Pläne, wenn der Sinn von Prävention und damit der Umsetzungswille nicht in den Unternehmen ankommt? Nur wenn Geschäftsführung und Management hinter den Maßnahmen stehen und diese selber vorleben, kann Prävention gelingen.

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) scheuen sich möglicherweise vor der großen Investition in ein Arbeitsschutzmanagement-System oder externe Beratungen und Zertifizierungen. Zum Glück spielt Prävention gerade in KMU oft schon eine größere Rolle, als sie selbst denken. Ausfallzeiten und kranke Mitarbeiter können sich nämlich gerade die “Kleinen” nicht leisten. Angefangen von der Gefährdungsbeurteilung über die Bereitstellung von Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) bis hin zum BEM – all das sind Präventionsmaßnahmen, die gesetzlich geregelt sind, hoffentlich in den meisten Betrieben umgesetzt werden und damit die Mitarbeitergesundheit schützen und die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs wahren.

Präventionskampagnen als Unterstützung

Unterstützung bieten auch die Unfallkassen und Berufsgenossenschaften mit Präventionskampagnen. „Denk an mich. Dein Rücken“ bietet zum Beispiel Aktionen, Materialien und Infos rund um das Thema Rückengesundheit. In der im Januar 2014 gestarteten Kampagne „Sei kein Dummy!“ erfahren Profifußballer mit Newslettern, Mitmachaktionen und Präventions-Tipps, wie sie ihre Gesundheit schützen können. Im April startet die neue Präventionskampagne „Gesunde Arbeitsplätze 2014-2015″ der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA). „Absichern statt Abstürzen – mehr Sicherheit im Holzbau“ heißt die Präventionskampagne von Holzbau Deutschland. „Bleib oben!“ nennt sich die Aktion der BGN, die mit Trainings und Sensibilisierung vor Ort in den Betrieben dafür sorgen will, dass es weniger Absturzunfälle von Stehleitern gibt.

Ansätze für Prävention gibt es also viele – für manche müssen sich Unternehmen noch nicht einmal in Unkosten stürzen. Information und Sensibilisierung helfen oft schon wahre Wunder. Mehr Wirkung zeigt in der Regel natürlich ein gut organisiertes Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM), für das es allerdings ein paar Euro in die Hand zu nehmen gilt …

Weiterführende Links zum Beitrag

Mit gesunder Arbeit zum Unternehmenserfolg (Fraunhofer IAO)
Volkswirtschaftliche Schäden durch chronisch Kranke oft vermeidbar (aerzteblatt.de)
Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD
Arbeitswelt im Wandel (BAuA, PDF 2,16 MB)
BGN-Kampagne ‘Bleib oben!’ gegen Abstürze von Stehleitern
iga-Video: Prävention zahlt sich aus!
DGUV-Report: Kosten und Nutzen von Investitionen in den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz
Präventionskampagne ‘Sei kein Dummy!’

(Arbeitsschutzportal)

HCC Redaktion

... schreibt über alle möglichen Themen rund um Mitarbeitergesundheit und Personal. Wichtige Schwerpunkte liegen auf der Arbeitsplatzgestaltung, Psyche, Ernährung, Bewegung und weiteren Einflussfaktoren nachhaltiger Gesundheitsprävention. Neben Fachartikeln und Tipps & Tricks-Beiträgen werden Interviews mit einschlägigen Persönlichkeiten zu BGM, BGF und mehr veröffentlicht.

Empfohlene Artikel