„Virtualizer“ sorgt bei Gamern für Bewegung

Forschungsteam Virtualizer

(Mit Video) Der Begriff E-Sport bezeichnet den Wettkampf unter Menschen mithilfe von Computerspielen. Dies tatsächlich als Sportart zu bezeichnen liegt den meisten jedoch fern, weil sich ja nicht wirklich viel bewegt wird. Der „Virtualizer“ der Technischen Universität Wien (TU Wien) könne das bald ändern. Beim Prototypen handelt es sich weniger um eine akademische Bastelei, sondern mehr um eine markttaugliche Entwicklung.

Die eigenen vier Wände verlassen und trotzdem in der Wohnung bleiben

3D-Brillen, die je nach Blickrichtung das passende Bild anzeigen und so ein realistisches Raumempfinden in einer Computerwelt ermöglichen, sind bereits im Handel erhältlich. Doch wie man sich dann zu Fuß durch diese virtuellen Welten hindurchbewegen kann, ohne irgendwann an die sehr realen Wände des eigenen Wohnzimmers zu stoßen, war bisher ein ungelöstes Problem.

Einem Forschungsteam der TU Wien gelang es nun, einen „Virtualizer“ zu bauen, der ein beinahe natürliches Gehen durch computergenerierte Welten ermöglicht.

Wie der Virtualizer funktioniert, erläutert das folgende Video:

(Quelle: TU Wien)

Digitalisierte Beinbewegungen

Forschungsteam Virtualizer
Das Virtualizer-Team (© Bild: TU Wien)

Bisher gab es unterschiedliche Ideen, die Bewegungen eines Menschen für den Computer aufzuzeichnen, um einen Gang durch virtuelle Welten zu simulieren. Man kann Marker am Körper verwenden, die von Kameras registriert werden – so funktioniert auch Motion Capture für Trickfilme. Allerdings benötigt man dafür teures Equipment und ist auf einen Raum überschaubarer Größe beschränkt. Prototypen, bei denen man sich auf Rollen oder auf Fließbändern bewegt, lieferten keine wirklich zufriedenstellenden Ergebnisse.

Der Trick: Gleiten über glatten Boden

Tuncay Cakmak, ein Student an der TU Wien hatte eine viel bessere Idee: Wenn man die Füße bei jedem Schritt über eine glatte, reibungsarme Oberfläche gleiten lässt, sind sehr natürliche Gehbewegungen möglich ohne sich jemals vom Platz zu bewegen. Er entwickelte gemeinsam mit einigen weiteren Studierenden und dem Virtual-Reality-Experten Hannes Kaufmann (Institut für Softwaretechnik und Interaktive Systeme, TU Wien) den „Virtualizer“.

Im Metallgestell des Virtualizers wird man mit einem Gurt festgehalten. Über diesen Gurt werden beliebige Körperdrehungen registriert. Im glatten Boden sind Sensoren integriert, die jeden Schritt elektronisch aufzeichnen. „Ein bisschen Übung ist notwendig, bis man sich auf die geringe Reibung am Boden eingestellt hat“, meint Tuncay Cakmak, „doch bald schafft man es, auf sehr natürliche Weise am Stand über die glatte Sensoroberfläche zu laufen.“

Laufen, sehen, ducken, springen

Am Kopf trägt man dabei eine handelsübliche 3D-Brille, von der die Blickrichtung des Kopfes jederzeit registriert wird. Sie ist von den Beinbewegungen völlig unabhängig – daher kann man mit dem Virtualizer im Gegensatz zu anderen Geräten gleichzeitig in eine Richtung laufen und in eine andere Richtung schauen. Man bewegt sich mit dem eigenen Körper durch eine virtuelle Welt, fühlt sich dadurch präsenter und kann Distanzen und Größen besser einschätzen. Ganz nebenbei hat die Bewegung auch noch einen sportlichen Trainingseffekt.

Dieser Effekt wird beim Virtualizers dank höhenverstellbaren Gurt sogar noch verstärkt: Wenn man in die Knie geht oder springt bewegt sich der Gurt nach unten oder oben mit, und die Bewegung wird an den Computer weitergegeben. Für Action-Spiele bieten sich so ganz neue Möglichkeiten. „Unser System unterscheidet nicht bloß zwischen aufrecht oder geduckt – die aktuelle Höhe des Gurtes kann als kontinuierlicher Parameter registriert werden“, erklärt Cakmak.

Mehr als nur eine akademische Bastelei

Mit dem Computer wird der Virtualizer über einen gewöhnlichen USB-Anschluss verbunden, seine Daten können dann direkt von Virtual-Reality-Programmen verarbeitet und interpretiert werden. Für das kontinuierliche Ducken und Springen gibt es allerdings noch gar keine wirklich passenden Programme – hier muss die Softwareentwicklung erst der Hardwareentwicklung der TU Wien nachziehen.

Der Prototyp an der TU Wien ist bereits fast ausgereift – einige kleine Verbesserungen sind noch geplant. Bei der Gamescom 2013 sorgte der Virtualizer für großes Aufsehen. „Einige große Firmen haben bereits Interesse angemeldet – uns ist allerdings wichtig, dass die technologische Entwicklung noch in unserer Hand bleibt“, sagt Tuncay Cakmak. Bereits 2014 möchte das Team den Virtualizer auf den Markt bringen.

(cs mit Informationsmaterial der TU Wien)

HCC Redaktion

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