„Unser Gehirn braucht Pausen, um produktiv zu sein“ – Argang Ghadiri im Interview. Pausen gelten als niedrigschwelliges BGM-Angebot. Trotzdem: Längst nicht alle Mitarbeiter – geschweige denn Führungskräfte – legen im Arbeitsalltag regelmäßig Pausen ein. Argang Ghadiri beschäftigt sich wissenschaftlich mit dem Thema Pausen. Er ist überzeugt: Wer Pausen macht ist produktiver und deshalb letztlich schneller mit der Arbeit fertig, als jemand, der durcharbeitet. Damit Mitarbeiter auch tatsächlich Pausen in Anspruch nehmen, kommt Führungskräften eine Vorbildrolle zu.
Beim brainLight Life Balance Day hält Argang Ghadiri einen Vortrag zum Thema „Erholung und Produktivität durch Arbeitspausen“.
„Mit aktiver Entspannung nutzen Sie Pausen am besten“
Hallo Herr Ghadiri. Alle Ratgeber predigen: „Machen Sie Pausen!“ und haben unzählige Tipps für die Erholung parat. Gibt es noch etwas Neues zu dem Thema Pause beizusteuern?
Dass regelmäßige Arbeitspausen eine positive Wirkung auf die Erholung und gleichsam Produktivität haben, ist aus wissenschaftlicher Sicht gut belegt – das ist richtig. Diese Erkenntnis allein ist nicht neu. Allerdings untersuchen wir, was in der Arbeitspause gemacht werden soll. Wenn jemand in seiner Pause am PC surft oder private Telefonate führt, ist es streng genommen keine Pause für unser Gehirn, denn die Informationsverarbeitung bleibt nahezu gleich. Daher untersuchen wir u.a. sportliche Betätigungen oder Sessions auf einem Entspannungssystem. Hier werden andere neuronale Prozesse aktiviert und man kann viel besser „abschalten“.
Wie sind Sie darauf gekommen, sich wissenschaftlich mit dem Thema Pause auseinanderzusetzen?
Gesundheitsmanagement in Unternehmen umzusetzen ist mit strategischen Maßnahmen verbunden, die oftmals einige Zeit dauern, um bei den Mitarbeitern anzukommen. Daher stellen Arbeitspausen einen praktikablen Einstieg dar, für Gesundheit und Entspannung zu sensibilisieren. Denn Pausen gehören ohnehin zum Arbeitsalltag – warum sollten Arbeitgeber daher nicht Angebote bereitstellen, die bei den Mitarbeitern auch noch eine positive Wirkung der Pause verstärken?
Wie kann man seine Pausen am besten nutzen?
Indem man sich vollständig und nicht für allzu lange Zeit aus dem Arbeitsprozess „ausklinkt“. Es gibt keine allgemeingültige Empfehlung, je nachdem ob man vorher geistig oder körperlich gearbeitet hat oder auch je nach individuellen Gegebenheiten unterscheidet sich das. Doch gezielte Entspannung, u.a. durch bestimmte Übungen oder Entspannungssysteme, oder kurze sportliche Betätigungen, erscheinen nach unseren ersten Studien besonders empfehlenswert, um die Erholung und die Produktivität zu beeinflussen.
Als Mitarbeiter denkt man: Ich lasse die Pause ausfallen, dafür gehe ich früher nach Hause. Warum ist das zu kurz gesprungen?
Das ist eine sehr weit verbreitete Auffassung. Viele denken, dass wenn sie auf ihre Pause verzichten, die Arbeit auch viel schneller erledigt sei. Das ist aber nicht so. Denn Studien belegen, dass der Zeitverlust durch eine eingelegte Pause im Nachhinein durch eine viel höhere Produktivität ausgeglichen wird und teilweise sogar überkompensiert wird. Wenn man also viel zu tun hat, ist es sogar förderlich, eine Pause einzulegen. Dann kann man tatsächlich früher nach Hause – weil die Arbeit schneller erledigt ist.
Wie können Führungskräfte ihre Mitarbeiter dazu bringen, wirklich Pause zu machen?
Pause machen ist eine Frage der Unternehmenskultur. Leider vertreten viele Führungskräfte die Ansicht, dass Pause machen ein Zeichen von Schwäche darstelle. Bei solchen Führungskräften, die selbst nicht auf ihre Gesundheit achten und auch keine Pausen einlegen, wird es schwer, Mitarbeiter zu regelmäßigen und erholsamen Pausen zu bewegen. Letztendlich muss diese Kultur vorgelebt werden, damit Mitarbeiter mitziehen.
Lieber Herr Ghadiri, herzlichen Dank für das Gespräch. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Brainlight Life Balance Day.
Das Interview führte Dr. Katja Heumader, Redakteurin HCC-Magazin.
Hinweis der Redaktion
Der Life Balance Day der Firma brainLight findet am 19. September 2015 in Aschaffenburg statt.
Über Argang Ghadiri
Argang Ghadiri, M.Sc. studierte Betriebswirtschaftslehre in Sankt Augustin, St. Gallen, Duisburg-Essen und Helsinki. Neben seinen wissenschaftlichen Tätigkeiten am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg sammelte er Erfahrungen in der strategischen Unternehmensberatung und Wirtschaftsprüfung.
Derzeit ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg tätig und promoviert an der Universität Duisburg-Essen. Zu seinen aktuellen Forschungsschwerpunkten gehören die Neuroökonomie mit insbesondere Neuroleadership, das Betriebliche Gesundheitsmanagement und die Arbeitspausenforschung.
Kontakt: argang.ghadiri@h-brs.de