Stress ist heute ein allgegenwärtiges Phänomen; nicht nur im Berufsleben. Er entsteht häufig dort – aber auch als Folge privater Überforderungen: Verlust von nahestehenden Angehörigen, Scheitern in Ehe und Familie, Ärger mit Eltern oder Kindern. In der Arbeitswelt ist es vor allem die enorme Innovationsschnelligkeit, bei der Wissen heute schnell veraltet. Andere Faktoren sind die permanente Verdichtung der Arbeit, Multitasking und die ständige Erreichbarkeit in beruflichen Angelegenheiten durch die moderne Kommunikationstechnik. Wer nach Feierabend von zu Hause aus über das Smartphone mit Kollegen und Vorgesetzen über die Arbeit spricht, zerstört den eigenen Rückzugsraum. Und der ist wichtig, weil jetzt und hier die geistigen, körperlichen und seelischen Akkus für den nächsten Arbeitstag wieder aufgeladen werden.
Stressentstehung und die individuelle Wahrnehmung
Medizinisch betrachtet ist der Stress eine Notfallreaktion: Der Mensch reagiert darauf mit Flucht oder Angriff. Stress entsteht, wenn die Balance zwischen Anspannung und Entspannung nicht mehr stimmt. Ist in Folge mangelnder Erholung ständig das Erregungsniveau erhöht, drohen dauerhafte gesundheitliche Schäden. Die Wissenschaft weist mit der Messung von körperlichen Reaktionen sogar nach, welcher Anlass den Stress auslöst: Ist es Furcht, steigt der Adrenalinspiegel; Ärger erhöht den Ausstoß von Noradrenalin und Testosteron; der Zwang zur Unterordnung führt zu vermehrter Ausschüttung von Cortisol.
Ganz wichtig zu wissen ist, dass Stress auch durch individuelle Charakter- und Persönlichkeitsgrundlagen entsteht. Ist der eine Mensch schon auf dem Weg zum Burnout, geht der andere bei gleichen Umständen gerne zur Arbeit und führt ein erfülltes Privatleben. Den Unterschied macht die Beziehung eines Menschen zu sich selbst und zu seiner Umwelt. Ein gesundes Selbstwertgefühl, Rückzugsmöglichkeiten und der klar strukturierte Umgang mit den beruflichen Anforderungen schützen vor Stress oder gar Burnout.
Warnsignale auf dem Weg zum Burnout
Der Stress ist nicht plötzlich da: Er entsteht langsam und sendet frühzeitig Warnsignale. Zwar handelt es sich um eine psychische Erkrankung – die jedoch körperliche Symptome hervorruft. Durch berufliche wie private Überlastung oder einer Mischung aus beidem entstehen zum Beispiel dauerhafte Beschwerden im Magen-Darm-Trakt. Stress zeigt sich ebenso in Hauterkrankungen oder an Bluthochdruck. Dieser psychische Auslöser führt nachweislich zur Herz-Kreislauferkrankungen. Werden diese Anzeichen ignoriert, steht am Ende möglicherweise der Herzinfarkt.
Auch der Weg zum Burnout-Syndrom ist ein schleichender Prozess. Jeder Mensch ist gelegentlich körperlich nicht gut drauf, niedergeschlagen oder nachlässig und fehlerhaft bei der Erledigung seiner Pflichten. Doch wer über einen längeren Zeitraum vor allem körperliche und emotionale Erschöpfung spürt, leidet unter mehr als „nur“ Stress. Gesellen sich dazu noch Konzentrationsschwächen und der Hang zur sozialen Isolierung, sind es klare Anzeichen für ein Burnout-Syndrom. Wer neben dem Interesse an der Arbeit auch die an Hobbys und sozialen Kontakten verliert, ist zumindest auf dem Weg zum Burnout – oder dort schon angekommen.
Konzepte zum Stressmanagement
Die Wissenschaft unterscheidet drei verschiedene Ansätze des Stressmanagements. Der instrumentelle sucht nach den Ursachen der Krankheit und schlägt Lösungen dafür vor. Dabei reicht die Bandbreite von einer besseren Zeiteinteilung bei der Arbeit bis zum Aufbau von sozialen Netzwerken zur Verbesserung der aktuellen Lebensqualität. Das kognitive Stressmanagement zielt auf eine individuelle Verhaltensänderung ab. Das fängt bei der Akzeptanz der eigenen Leistungsgrenzen an und endet bei einer positiven Sicht auf die Dinge: zum Beispiel Schwierigkeiten als Herausforderungen zu betrachten. Als palliativ-regenerativ bezeichnen die Forscher das emotionsorientierte Stressmanagement. Das sind zum Beispiel kurzfristige Maßnahmen wie aktive Pausen, kurze Yoga-Sitzungen während der Arbeitszeit und Treppensteigen statt Fahrstuhl zu fahren. Zu den längerfristigen Maßnahmen gehören Sport nach Feierabend, bewusstes Abschalten am Wochenende und möglicherweise ein Sabbatjahr.
Maßnahmen zur Stressbewältigung
Die Möglichkeiten zur Stressbewältigung sind so vielfältig wie die Ursachen. Gegen die jederzeitige Erreichbarkeit im Berufsleben hilft nur, Grenzen zu setzen. Dazu gehört, nach Feierabend von zu Hause aus keine dienstlichen Emails oder SMS mehr zu beantworten und Telefonanrufe mit beruflichem Inhalt abzulehnen. Die Erholungszeit – ob als Single oder in der Familie – ist unverzichtbar. Bei der Wiederentdeckung der Achtsamkeit für die eigene Person und die individuellen Bedürfnisse helfen einfache Meditationsübungen. Das gelingt nicht nur im Sitzen, sondern auch beim Gehen mit voller Konzentration nur auf das, was jetzt geschieht. Wird der Arbeitsalltag unzumutbar, helfen Gespräche mit Kollegen und Vorgesetzten – möglicherweise.
Hinweise zur Stressbewältigung gibt es ganz gezielt für Menschen auf unterschiedlichen Hierarchie-Ebenen der Unternehmen. Im mittleren Management entsteht oft eine „Sandwich“-Position zwischen den Vorgaben der Geschäftsführung und nachvollziehbaren Anliegen der Belegschaft. Zur Stressvermeidung gehören hier unter anderem eine klare Rückmeldung zur Erreichbarkeit der gesetzten Ziele an die Unternehmensleitung und die Vermeidung von allzu vielen Überstunden. Hilfreiche Hinweise zur Stressbewältigung hat der Haufe Shop unter https://shop.haufe.de/thema-burnout zusammengefasst.
Positiver Stress bereichert das Leben
Ja, es gibt positiven Stress: Dann bereichert er den Arbeitsalltag und das Privatleben mit Familie oder ehrenamtlichem Engagement. Stress an der Arbeit ist hilfreich, wenn die Work-Life-Balance ein menschliches Maß besitzt. Dann entwickelt sich Freude an beruflichen Herausforderungen, die wiederum zu kreativer Herangehensweise und guten Ergebnissen führt. Wo diese Möglichkeit dauerhaft verstellt ist, hilft ein Wechsel von Arbeitgeber, Beruf oder Branche gegen den Stress.